Die Gründe für ein Herausgabeverlangen in Bezug auf eine Wohnung können zahlreich sein. Jedoch führen nicht all diese Gründe dazu, dass der Mieter die Wohnung auch tatsächlich heraus zu geben hat. Außerdem ist bei Dauerschuldverhältnissen wie Mietverträgen eine Reihe von Schritten einzuhalten, damit das Mietverhältnis rechtswirksam beendet werden kann. Hierfür ist hilfreich, sich zunächst mit den sachenrechtlichen Grundlagen des Bürgerlichen Gesetzbuches zu beschäftigen.

Der Unterschied zwischen Eigentum und Besitz und die Vindikationsklage

Die Unterscheidung zwischen Eigentum und Besitz lässt sich anhand eines Mietverhältnisses in einfacher Weise erklären. Der Eigentümer ist der Vermieter und der Mieter Besitzer der Wohnung. Beim Eigentum geht es daher, vereinfacht gesprochen, um die rechtliche Zuordnung von Sachen während es beim Besitz um die tatsächliche Sachherrschaft geht. In den meisten Fällen fallen Eigentum und Besitz zusammen. Nur wenn Sachen verliehen oder vermietet werden, werden beide Rechte an einem bestimmten Gegenstand voneinander getrennt. Das Eigentum bildet dabei naturgemäß das höhere Recht. Entsprechend führt § 985 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch lediglich in aller Kürze aus, dass der Eigentümer vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen kann. Kommt der Besitzer diesem Anspruch nicht nach, so hat der Eigentümer die Möglichkeit die Vindikation, also sein Herausgabeverlangen, auf gerichtlichem Wege durchzusetzen. Es kommt dann zur Vindikationsklage.

Bedeutung des Herausgabeverlangens

Ein Herausgabeverlangen ist der rechtliche Schritt, um die Rückgabe eines Mietobjekts durchzusetzen, wenn ein Mieter trotz Kündigung nicht auszieht. Doch unter welchen Bedingungen ist ein solches Verlangen gültig?

Dieser Artikel erklärt:

  • Die rechtlichen Grundlagen des Herausgabeverlangens
  • Den Ablauf von der Kündigung bis zur Zwangsräumung
  • Zeitliche Fristen und Besonderheiten des Räumungsschutzes

⏳ Ablauf des Herausgabeverlangens: Schritt für Schritt

1. Kündigung des Mietverhältnisses

  • Ordentliche Kündigung: Der Vermieter kündigt fristgerecht (mindestens 3 Monate, bei längeren Mietverhältnissen bis zu 9 Monate Frist gemäß § 573c BGB).
  • Außerordentliche Kündigung: Sofortige Kündigung bei schwerwiegenden Verstößen (z. B. Mietrückstände von 2 Monaten, § 543 BGB).

2. Ablauf der Kündigungsfrist & Nichträumung

  • Nach Ablauf der Kündigungsfrist muss der Mieter ausziehen.
  • Falls dies nicht geschieht, kann der Vermieter das Herausgabeverlangen rechtlich durchsetzen.

3. Räumungsklage einreichen

  • Falls der Mieter nicht freiwillig auszieht, kann der Vermieter eine Räumungsklage beim Amtsgericht einreichen.
  • Dauer des Verfahrens: 3 bis 12 Monate, je nach Gerichtsauslastung.

4. Gerichtsurteil & Räumungsanordnung

  • Wird der Klage stattgegeben, erhält der Vermieter einen Räumungstitel.
  • Der Mieter bekommt in der Regel eine Frist von 2 bis 4 Wochen, um die Wohnung zu räumen.

5. Beantragung des Räumungsschutzes durch den Mieter

  • Falls der Mieter gesundheitliche, soziale oder wirtschaftliche Härten nachweisen kann, kann ein Antrag auf Räumungsschutz gestellt werden.
  • Verzögerung der Zwangsräumung um weitere 1 bis 6 Monate möglich.

6. Zwangsräumung durch den Gerichtsvollzieher

  • Nach endgültigem Gerichtsbeschluss setzt der Gerichtsvollzieher die Räumung durch.
  • Kosten für die Räumung (2.000 – 5.000 €) müssen vom Vermieter getragen werden, können aber später zurückgefordert werden.

📜 Rechtliche Grundlagen & Besonderheiten

  • § 985 BGB: Der Eigentümer kann die Herausgabe verlangen.
  • § 573c BGB: Kündigungsfristen für Vermieter.
  • § 765a ZPO: Räumungsschutzanträge durch Mieter.

📌 Fazit: Ein Herausgabeverlangen ist erst nach einer gültigen Kündigung, Räumungsklage und Gerichtsurteil durchsetzbar. Mieter können durch Räumungsschutz das Verfahren verzögern, jedoch nicht unbegrenzt.

 

Besonderheiten im Mietrecht

Ganz so einfach wie es § 985 BGB nahe legt, ist es im Falle eines Mietverhältnisses nicht. Denn hier liegen Rechtsbeziehungen vor, die dem Mieter garantieren, die Mietsache für einen bestimmten Zeitraum als Besitzer zu nutzen. Der erste Schritt im Hinblick auf das Herausgabeverlangen des Vermieters ist deshalb die Beseitigung der vertraglichen Grundlage für den Besitz des Mieters. Dabei geht es um die Kündigung des Mietvertrages. Hier sind zwei Wege möglich: Die außerordentliche und die ordentliche Kündigung des Mietvertrages.

Die außerordentliche Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung erfolgt dabei regelmäßig in fristloser Form. Diese Art der Kündigung von Dauerschuldverhältnissen bildet die Ausnahme, weil für einen solchen Schritt hohe rechtliche Hürden bestehen. Zum einen muss für eine solche Art der Beendigung des Vertragsverhältnisses ein wichtiger Grund bestehen und zum zweiten muss die Fortführung des Vertragsverhältnisses für den kündigenden Teil unzumutbar sein. Den wichtigsten Fall in diesem Zusammenhang bildet der Mietrückstand. Wenn ein Mieter mit zwei Monatsmieten oder mehr in Zahlungsrückstand gerät, so hat der Vermieter die Möglichkeit der fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses (§ 543 Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verbindung mit § 569 Absatz 3 Nr. 1 BGB). Weitere Gründe können eine nachhaltige Störung des Hausfriedens durch den Mieter, ständige Säumigkeit bei Zahlungen oder eine unerlaubte Untervermietung sein.

Die ordentliche Kündigung

Den Regelfall bildet die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Entsprechend muss der Vermieter eine bestimmte im Vertrag festgelegte Kündigungsfrist abwarten, ehe er sein Herausgabeverlangen in Bezug auf das Mietobjekt rechtlich geltend machen kann. Hierfür muss auf Seiten des Vermieters ein berechtigtes Interesse im Hinblick auf die Beendigung des Vertrages vorliegen. Hierbei wird zwischen drei typischen Fallgruppen unterschieden.

  • Kündigung wegen der Verletzung wichtiger vertraglicher Pflichten durch den Mieter (Säumigkeit bei Zahlungen, vertragswidrige Nutzung des Mietobjekts etc.)
  • Eigenbedarf des Vermieters für sich oder Familienangehörige
  • Hinderung des Vermieters in Bezug auf eine wirtschaftliche Verwertung eines Grundstücks (eher selten und nur schwer durchsetzbar)

Weiterhin ist eine Kündigungsfrist einzuhalten. Sofern im Vertrag keine Fristen für die Kündigung angegeben werden, gelten die gesetzlichen Fristen des Bürgerlichen Gesetzbuches. Gleiches gilt, wenn die im Vertrag festgelegten Fristen den Mieter in unzulässiger Weise rechtlich beeinträchtigen. Die entsprechenden Fristen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch in Paragraph 573 c niedergelegt. Die Kündigung kann demnach jeweils bis zum dritten Werktag eines Monats für den Ablauf des übernächsten Monats ausgesprochen werden. Faktisch ergibt sich hierdurch eine dreimonatige Frist für die Kündigung. Für Vermieter besteht die Besonderheit, dass sich die Kündigungsfrist nach fünf sowie acht Jahren Mietvertrag um jeweils drei Monate verlängert. Nach mehr als acht Jahren Mietzeit kann sich das Herausgabeverlangen damit um mindestens neun Monate verzögern.

Das Thema Räumungsschutz

Dass es sich um eine Verlängerung um mindestens neun Monate handelt, liegt daran, dass ein Vermieter den Mieter nicht einfach selber vor die Tür setzen kann, wenn der Mietvertrag abgelaufen ist. Hiergegen spricht der wichtige Grundsatz des Gewaltmonopols des Staates. Der Mieter hat daher im Hinblick auf eine Räumung der Wohnung staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies geschieht in Form der Räumungsklage. Selbst wenn diese erfolgreich verlaufen sollte, verzögert schon der sich oft zeitlich hinziehende Verlauf eines solchen Verfahrens den Auszug des Mieters um eine Reihe weiterer Monate.

Zusätzlich erschwert wird das Herausgabeverlangen allerdings durch die Tatsache, dass der Mieter im Rahmen eines solchen Verfahrens Räumungsschutz beantragen kann. Sofern ein Härtefall vorliegt, kann sich aufgrund eines Räumungsschutzantrags die Herausgabe der Wohnung weiter verzögern. Für einen solchen Härtefall genügt es nicht, dass bisher keine neue Unterkunft gefunden wurde. Vielmehr muss nachgewiesen sein, dass der Mieter bei Auszug akut suizidgefährdet ist oder seine Gesundheit in sonstiger Weise in Gefahr geraten würde. Auch wenn ein Mietvertrag nachgewiesen werden kann, der erst einen oder mehrere Monate nach Räumung in Kraft tritt, kann für die Zwischenzeit gegebenenfalls ein Räumungsschutz durch das Gericht ausgesprochen werden. Gleiches gilt, wenn etwa eine Geburt unmittelbar bevorsteht. Der Räumungsschutz bildet demnach eine absolute Ausnahme in echten Härtefällen.

Die endgültige Durchsetzung des Herausgabeverlangens

Sofern die Klage erfolgreich verläuft, steht an deren Ende ein Urteil. Dieses stellt einen Räumungstitel dar. Nach Ausfertigung der Vollstreckungsklausel und deren Zustellung kann mithilfe dieses Titels die zwangsweise Räumung des Mietobjekts betrieben werden. Diese ist oftmals mit erheblichen Kosten verknüpft, für die der Vermieter zwar vom Mieter Ersatz verlangen kann, für die er aber zunächst in Vorleistung treten muss. Sofern sich noch Gegenstände des Mieters in der Wohnung befinden, ist der Vermieter zudem verpflichtet, diese für ihn, zumindest für eine gewisse Frist, einzulagern. Ob die so entstehenden Kosten später wieder eingetrieben werden können hängt in hohem Maße von der Solvenz des Mieters ab. Wurde die Kündigung wegen Mietrückstands betrieben, verhält es sich oftmals so, dass der Vermieter auf den Kosten der Räumung sitzen bleibt. Festzuhalten bleibt damit, dass die Durchsetzung eines Herausgabeverlangens durch den Vermieter mit hohen rechtlichen Hürden sowie erheblichen Kosten verknüpft ist.