Ablauf einer Zwangsversteigerung

Die Zwangsversteigerung (ZV) ist für Sie als Gläubiger eine von drei Verfahrensarten, mit der Sie eine Zwangsvollstreckung gegen Ihren Schuldner durchführen können. Ziel der ZV ist die Befriedigung Ihrer Ansprüche aus dem erzielten Erlös aus der Versteigerung eines Grundstücks, das im Eigentum des Schuldners steht.

ZwangsversteigerungBeteiligtePersonenAntrag

Formale Voraussetzungen

Um eine ZV durchführen zu lassen, müssen Sie beim zuständigen Amtsgericht (Abteilung Vollstreckungsgericht), in dessen Bezirk sich das Grundstück befindet, einen gebührenpflichtigen Antrag stellen.

Anzugeben sind:

  • das Grundstück
  • der Grundstückseigentümer
  • der Anspruch
  • der vollstreckbare Titel gegen den Grundstückseigentümer

Beizufügen sind Ihrem Antrag:

  • ein Grundbuchauszug
  • der Vollstreckungstitel
  • sonstige Urkunden

Liegen alle Voraussetzungen vor, ordnet das Amtsgericht per Beschluss die ZV an. Dieser Beschluss stellt eine Beschlagnahme des Grundstücks inklusive des Zubehörs zu Ihren Gunsten dar. Der Schuldner darf zwar weiterhin die Verwaltung des Grundstücks ausüben (z. B. sogar einen neuen Mietvertrag mit Dritten abschließen), es aber nicht mehr verkaufen oder mit Hypotheken etc. belasten.

Zugleich wird das Grundbuchamt vom Vollstreckungsgericht ersucht, die Eintragung dieser Anordnung in das Grundbuch vorzunehmen. Dem Schuldner wird der ZV-Beschluss zugestellt. Als Gläubiger erhalten Sie wiederum lediglich eine formlose Mitteilung.

Die beteiligten Personen einer Zwangsversteigerung

Zu den Beteiligten an einem ZV gehören:

  • der Gläubiger
  • der Schuldner
  • Personen, für die ein Recht im Grundbuch eingetragen ist, z. B. Grundpfandrechte, Dienstbarkeiten oder Reallasten

Ansprüche weiterer Personen (andere Gläubiger des Schuldners wie z. B. Bürgen etc.) können nur bis zum Beginn der ZV angemeldet werden. Die Beteiligung an der ZV setzt zwingend die Anmeldung von Rechten voraus.

Grundstückswert

Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Gericht durch einen vereidigten
Sachverständigen festgesetzt. Sie können als Gläubiger auch ein eigenes Sachverständigengutachten beibringen, doch muss dieses vom Gericht anerkannt werden.

Versteigerungstermin

Der Aufruf beinhaltet:

  • Bekanntgabe der Gläubiger
  • Versteigerungsbedingungen
  • das geringste Gebot

Das Vollstreckungsgericht bestimmt per Beschluss den Versteigerungstermin, der die Aufforderung zur Anmeldung von Rechten enthält. Die öffentliche Bekanntgabe hat mindestens sechs Wochen vor dem Termin zu erfolgen.

Im Versteigerungstermin kommt es zum Aufruf der Sache. Der Aufruf muss alle Ansprüche des vorrangigen Gläubigers sowie mögliche öffentliche Lasten umfassen und die Verfahrenskosten decken.

Beispiel

  • 1. Grundschuld (Kreditinstitut) 100.000 €
  • 2. Grundschuld (Bausparkasse) 150.000 €
  • Öffentliche Lasten 2.000 €
  • Kosten des Verfahrens 2.500 €

Wird die Versteigerung vom Kreditinstitut betrieben, liegt das geringste Gebot bei 4.500 € (2.000 € und 2.500 €). Betreibt die Bausparkasse die Versteigerung, liegt das geringste Gebot bei 104.500 € (100.000 € + 4.500 €).

Die Versteigerung

Die mindestens 30 Minuten dauernde Bietstunde beginnt mit den Geboten. Das letzte Gebot wird durch dreimaligen Aufruf des Vollstreckungsgerichts verkündet. An der ZV kann jeder Vollgeschäftsfähige teilnehmen.

Als Gläubiger können Sie von den Bietern die Vorlage einer Sicherheit verlangen. Die
Sicherheitsleistung beträgt 10 % des Verkehrswerts, wobei wenigstens die Verfahrenskosten abgedeckt sein müssen. Ohne Nachweis der Sicherheitsleistung, ist das Gebot zurückzuweisen. Übersteigt das Bargebot letztlich die Sicherheitsleistung, ist der überschießende Betrag freizugeben oder an den Bieter zurückzuzahlen.

Versagungsgründe für den Zuschlag

Grundsätzlich gelten beim ersten ZV-Termin die 5/10- und die 7/10-Grenze.

Das bedeutet:
Für den Fall, dass das Höchstgebot nicht mindestens 50 % des Verkehrswertes erreicht, ist der Zuschlag von Amts wegen zu versagen. Werden weniger als 70 % des Verkehrswertes geboten, kann der Zuschlag auf Ihren Antrag als betroffener Gläubiger hin versagt werden.

Entscheidend ist, dass Sie als Gläubiger dem Zuschlag widersprechen und glaubhaft machen, dass Ihnen durch die Zuschlagsversagung ein unverhältnismäßiger Nachteil entstehen würde. Wird überhaupt kein Gebot abgegeben, gelten auch für den zweiten ZV-Termin beide Grenzen.

Zu einem zweiten ZV-Termin kommt es, wenn der Zuschlag im Ersttermin versagt wird. In diesem Zweittermin fallen die Zuschlagsgrenzen fort, wenn im ersten Termin Gebote oberhalb des geringsten Gebots, aber noch unterhalb der 5/10-Grenze abgegeben wurden. Liegen keine Versagungsgründe vor, wird der Zuschlag dem Meistbietenden erteilt. Voraussetzung ist die Abgabe wenigstens des geringsten Gebots (Gerichtskosten plus öffentliche Lasten plus Forderungen vorrangiger Gläubiger).

Doch auch bei Überschreitung der 7/10-Grenze können Sie als der betreibende Gläubiger noch die Verfahrenseinstellung beantragen, um vielleicht in einem späteren Verfahren einen besseren Erlös zu erzielen.

Die Wirksamkeit des Zuschlags tritt erst nach Anhörung der Beteiligten mit Verkündungsbeschluss ein.

Mit dem Verkündungsbeschluss wird der Bieter mit dem höchsten Gebot (Ersteher) neuer Eigentümer des Grundstücks. Das Grundbuch weist nunmehr unrichtige Angaben auf und muss entsprechend berichtigt werden. Der Ersteher wird nicht Rechtsnachfolger des Schuldners und haftet auch nicht für dessen Verbindlichkeiten.

Für den Ersteher hat der Zuschlag zur Folge, dass er gegen den Besitzer des Grundstücks einen vollstreckbaren Titel auf Räumung und Herausgabe geltend machen kann.

Durch das Vollstreckungsgericht wird ein Termin zur Verteilung des Erlöses von etwa 6-8 Wochen nach Zuschlag angeordnet. Der Erlösverteilungstermin ist nicht öffentlich. Das Vollstreckungsgericht stellt dazu einen Teilungsplan auf und verhandelt ihn mündlich. In diesem Teilungsplan sind die bestehen bleibenden Rechte (z. B. Mietverträge) am Grundstück, die vom Erwerber zu übernehmen sind, enthalten.

ZwangsversteigerungBeteiligtePersonenRangklassen

Die Rangklassen

Primäres Ziel der ZV ist die Gläubigerbefriedigung aus dem Zuschlagserlös. Das
Zwangsvollstreckungsgesetz sieht eine Regelung vor, wie der Erlös an die Gläubiger zu verteilen ist. Dabei sind dem Versteigerungserlös als Erstes die Vollstreckungskosten zu entnehmen (sogenannte Rangklasse 0, worunter die Gerichtsgebühren zu verstehen sind). Anschließend werden die Ausgaben des die Zwangsverwaltung betreibenden Gläubigers zur Erhaltung und nötigen Verbesserung des Grundstücks sowie die Feststellungskosten zur Insolvenzmasse berücksichtigt usw.

Einstellung oder Aufhebung des Verfahrens

Während eines ZV-Verfahrens kann es zur Anordnung einer einstweiligen Einstellung oder
einer Verfahrensaufhebung kommen. Erforderlich ist ein Antrag des Schuldners, dem Sie als Gläubiger zustimmen müssen. Mit einer einstweiligen Einstellung wird das ZV-Verfahren vorübergehend unterbrochen, während die Aufhebung zur vollständigen Beendigung führt.

Die Bewilligung der Verfahrenseinstellung durch Sie als Gläubiger kann jederzeit erfolgen, wenn Ihr Schuldner Zahlungen ankündigt oder geleistet hat. Hält sich der Schuldner nicht an sein Zahlungsversprechen, können Sie ohne Begründung die Fortführung des Verfahrens beantragen. Sie müssen diesen Antrag zur Wiederaufnahme des Verfahrens binnen einer Frist von sechs Monaten stellen. Versäumen Sie diese Frist, kommt es zur endgültigen Verfahrenseinstellung.

Als Rücknahme des Versteigerungsantrags gilt eine dritte Bewilligung der einstweiligen Einstellung, was wiederum zur Aufhebung des Verfahrens führt.

Auch dem Schuldner steht die Möglichkeit offen, eine einstweilige Einstellung des Verfahrens zu beantragen. Dieser sogenannte Vollstreckungsschutz gilt jedoch höchstens für sechs Monate.

Zu den Voraussetzungen gehören:

  • der voraussichtliche Erlös liegt unter 40 % des Verkehrswertes
  • das Grundstück wird zur Unternehmensfortführung benötigt
  • ein Insolvenzplan ist gefährdet

Bei Vorliegen folgender Gründe ist die Aufhebung des ZV-Verfahrens möglich:

  • Rücknahme des ZV-Antrags durch den Gläubiger
  • Kein Fortsetzungsantrag durch den Gläubiger nach der einstweiligen Einstellung binnen sechs Monate
  • Kein entsprechendes Gebot auch im zweiten ZV-Termin

Es steht Ihnen als Gläubiger jederzeit offen, eine erneute ZV zu beantragen, es sei denn, dass es aufgrund entgegenstehender Rechte zur Verfahrensaufhebung gekommen ist.

Beispiel

Gerichtskosten 4.000 €
Öffentliche Lasten 3.000 €

Grundbuch Abteilung III:

1. Grundschuld (Kreditinstitut) 60.000 €
2. Grundschuld (Versicherung) 40.000 €
3. Grundschuld (Privatdarlehen) 25.000 €

Der Versteigerungserlös für ein Einfamilienhaus beträgt 120.000 €, vom Erlös werden die Posten in folgender Reihenfolge verrechnet bzw. ausgezahlt:

1.  Gerichtskosten (4.000 €)
2.  Öffentliche Lasten (3.000 €)

Danach bleiben noch 113.000 € zum Verteilen übrig:

3.  Kreditinstitut 60.000 €
4.  Versicherung 40.000 €

Die restlichen 13.000 € stehen dem privaten Kreditgeber zu und decken zumindest einen Teil der Forderungen. Damit werden 12.000 € der Forderung aus dem Privatdarlehen nicht befriedigt. Diesem Gläubiger bleibt nur die Möglichkeit, binnen der 30-jährigen Verjährungsfrist zu versuchen, mithilfe eines Vollstreckungstitels seine Forderung aus dem Einkommen oder
sonstigen Vermögen des Schuldners zu befriedigen.

Für den in der Praxis eher seltenen Fall, dass alle Forderungen aus dem
Versteigerungserlös befriedigt werden können, steht der darüber hinaus gehende
Betrag dem Schuldner zu.

Bei einem ausgeführten und rechtskräftigen Teilungsplan ist das Grundbuchamt durch das
Vollstreckungsgericht um Berichtigung des Grundbuchs zu ersuchen (Eintragung
des neuen Eigentümers und der erloschenen Rechte sowie die Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks).

Sobald der neue Eigentümer in das Grundbuch eingetragen ist, ist das ZV-Verfahren beendet.